Ernährung, Übergewicht und die Hirnfunktionen im Alter

Beamte in Großbritannien, die sich im mittleren Lebensalter gesünder ernährten und geringeres Bauchfett hatten, wiesen im höheren Alter bessere Hirnstrukturen und kognitive Leistungen auf.

Der weltweite Trend zu ungesunden Ernährungsweisen geht mit einem Anstieg von Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Adipositas (BMI ab 30) einher, die bekannte Risikofaktoren für die Entwicklung einer Demenz sind. Generell wird daher eine ausgewogene Ernährung mit einem hohen Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln (z. B. die mediterrane Ernährung) und eine Gewichtskontrolle empfohlen, um das Demenz-Risiko zu verringern. Ergebnisse aus Bevölkerungsstudien legen nahe, dass sie mit dem Demenz-Risiko in Zusammenhang stehen. Doch bisher untersuchten nur wenige Studien die Beziehung zwischen der Ernährung und dem Verhältnis von Taille zu Hüfte (als wichtigen Übergewichts-Marker) in Bezug auf die Funktion des Gehirns und der kognitiven Gesundheit. 

Das betrifft vor allem die Funktionen des Hippocampus, der ein Teil des limbischen Systems und u. a. wichtig für das Kurz- und Langzeitgedächtnis ist. Dabei wurden z. B. einzelne Komponenten der Ernährung, z. B. Rote-Bete-Saft, Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, Resveratrol und Kalorienrestriktion, in Bezug auf den Hippocampus und die weiße Hirnsubstanz (Teil des Zentralnervensystems) geprüft, dabei blieben die kognitiven Auswirkungen jedoch unklar. Der Hippocampus spielt bei der Alzheimer-Krankheit eine wichtige Rolle, da dieses Hirnareal früh von der Krankheit betroffen ist. Das Kurzzeitgedächtnis nimmt ab, wenn die Zellen im Hippocampus degenerieren. In Studien wurde auch untersucht, ob und wie Übergewicht und eine schlechte Ernährungsqualität das Volumen des Hippocampus verändern können. 

Die Erkenntnisse dazu waren jedoch widersprüchlich. Eine Gruppe von europäischen Forschern untersuchte nun in einer Studie, wie Veränderungen in der Ernährungsqualität und das Taillen-Hüft-Verhältnis im mittleren Lebensalter mit der Konnektivität des Hippocampus und den kognitiven Funktionen im späteren Leben zusammenhängen. Sie bezogen bewusst den Taillen-Hüft-Verhältnis Marker für das Übergewicht ein statt des bisher meist üblichen Body-Mass-Indexes. Das Taillen-Hüft-Verhältnis liefert präzisere Bestimmungen des Bauchfetts und ist daher ein akkuraterer Faktor für den Einfluss auf die Gesundheit und Krankheiten.

Die Forscher nutzten Daten aus einer großen englischen Bevölkerungsstudie (Whitehall-II-Study, Whitehall II-Imaging-Study). Sie begann 1985 mit rund 10.000 Angestellten im öffentlichen Dienst mit einem Durchschnittsalter von 48 Jahren, und wurde über 30 Jahre fortgeführt. Zu verschiedenen Zeitpunkten wurden bei den Teilnehmern die Qualität der Ernährung und das Taillen-Hüft-Verhältnis untersucht, einbezogen wurden außerdem Hirn-Untersuchungen und Tests zu kognitiven Leistungen. Die Forscher analysierten 512 Teilnehmer (vorwiegend Männer), für die Daten zur Ernährungsqualität vorlagen. Sie untersuchten weiter die Daten von 664 Teilnehmern, für die Daten für das Taillen-Hüft-Verhältnis zur Verfügung standen. Die Qualität der Ernährung wurde bei den Teilnehmern anhand des „Alternative Healthy Eating Index-2010" gemessen, der dreimal über 11 Jahre hinweg bewertet wurde. 

Diese Ernährungsweise bevorzugt Lebensmittel und Nährstoffe, einschließlich der Mikronährstoffe, die das Risiko für chronische Krankheiten senken können. Das Taillen-Hüft-Verhältnis wurde bei Teilnehmern im Lauf von 21 Jahren fünfmal bestimmt. Weiter untersucht wurden die strukturelle Konnektivität der weißen Hirnsubstanz, die funktionelle Konnektivität des Hippocampus und die kognitiven Leistungen. Die Bildgebung des Gehirns und kognitive Tests wurden im Durchschnittsalter von 70 Jahren durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten, dass eine bessere Qualität der Ernährung in der Lebensmitte sowie im mittleren bis höheren Alter mit einer verbesserten funktionellen Konnektivität des Hippocampus und der Integrität der weißen Hirnsubstanz verbunden war. Im Gegensatz dazu war ein höheres Taillen-Hüft-Verhältnis in der Lebensmitte mit einem verschlechterten Arbeitsgedächtnis und exekutiven Funktionen verbunden, die teilweise durch Veränderungen der Konnektivität der weißen Hirnsubstanz vermittelt wurden. 

Die Werte für die Qualität der Ernährung blieben während der langjährigen Nachbeobachtung recht konstant, wobei der mittlere AHEI-2010-Wert nicht dem Grenzwert für eine gesunde Ernährung entsprach. Er lag zu Beginn der Studie bei 55,6 von 110 Punkten und deutete auf eine allgemein ungesunde Ernährung der meisten Teilnehmer hin. In einigen Fällen wurden einige Verbesserungen der Ernährung auf individueller Ebene vom mittleren bis zum höheren Alter beobachtet. Sie waren mit besserer Integrität der weißen Substanz bzw. weniger Schädigungen aufgrund von Alterung und Demenz im Gehirn verbunden. Außerdem war ein höherer Gehalt an Omega-3-Fettsäuren und eine allgemein gesündere Ernährung bei den älteren Teilnehmern mit besseren Werten in der weißen Hirnsubstanz verbunden. Die Ergebnisse deuten insgesamt darauf hin, dass Strategien zu einer verbesserten Ernährungsqualität und die Einhaltung aktueller Ernährungsrichtlinien für Demenz die Mikrostruktur der weißen Substanz begünstigen könnten. Erstmals wurde nun auch gezeigt, dass eine bessere Ernährung in der Lebensmitte mit einer stärkeren funktionellen Konnektivität des Hippocampus im höheren Alter verbunden ist. 

Ein höheres Bauchfett in der Lebensmitte, bestimmt durch das Taillen-Hüft-Verhältnis, war mit einer weit verbreiteten, höheren Diffusivität der weißen Substanz verbunden, die bis zu 23,1 % bis 26,4 % aller Bahnen der weißen Substanz betraf, was auch auf Beziehungen zur Entstehung von Alzheimer hindeuten könnte. Ein höheres Bauchfett in der Lebensmitte wurde außerdem mit schlechteren kognitiven Leistungen im höheren Alter in Verbindung gebracht, darunter Sprachgewandtheit, episodisches Gedächtnis, Arbeitsgedächtnis und exekutive Funktionen. Man kann davon ausgehen, dass die Stoffwechsel-Gesundheit im mittleren Lebensalter die Integrität der weißen Substanz im höheren Alter beeinflussen kann, was sich wiederum indirekt auf die kognitive Leistungsfähigkeit auswirken kann. Dieser Pfad wird wahrscheinlich auch durch andere Faktoren der metabolischen Gesundheit, wie Ernährung, kardiovaskuläre Vorgeschichte, Blutdruck, Cholesterin und Medikamente, verändert, obwohl diese Beziehungen in der Studie nicht geprüft werden konnten. Die Ergebnisse unterstützen jedoch die Theorien zum Zusammenhang zwischen Lebensstil-Risikofaktoren und der kognitiven Gesundheit über die Mikrostruktur des Gehirns.

Die Forscher ziehen das Fazit: Die Ergebnisse dieser Studie zeigen bei Erwachsenen im mittleren bis zum höheren Alter, dass eine gesündere Ernährung und ein niedrigeres Taillen-Hüft-Verhältnis in der Lebensmitte mit einer besseren Gesundheit des Gehirns und der kognitiven Fähigkeiten im höheren Alter einhergehen. Ein höheres Taillen-Hüft-Verhältnis in der Lebensmitte war dagegen mit schlechteren Ergebnissen im Arbeitsgedächtnis und in den exekutiven Funktionen des Gehirns im höheren Alter verbunden. Dieser Zusammenhang wurde teilweise durch die Diffusivität der weißen Hirnsubstanz vermittelt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Interventionen zu einer verbesserten Ernährung und zur Senkung der zentralen Adipositas am besten in der Lebensmitte ansetzen sollten, um positive Ergebnisse für die Gesundheit des Gehirns und der kognitiven Fähigkeiten im Alter zu erreichen.

Quelle:
Daria E. A, Jensen et al., Association of Diet and Waist-to-Hip-Ratio With Brain Connectivity and Memory in Aging. In: JAMA Network Open, online 12.03.2025, doi: 10.1001/jamanetworkopen.2025.0171.

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