Darm-Retina-Achse mit Beziehung zur Makuladegeneration

Die Beziehungen zwischen der Ernährung, Mikro-Nährstoffen, der Mikrobiota im Darm und dem Immunsystem spielen bei der Therapie vieler Stoffwechsel-Krankheiten eine immer größere Rolle. Auch für die Netzhaut (Retina) und die Makuladegeneration zeichnet sich eine solche Beziehung mit der Darm-Retina-Achse ab.

Die altersbedingte Makuladegeneration ist eine multifaktorielle Augenkrankheit, die von Sehstörungen bis zur Erblindung führen kann. Weltweit sind Millionen Menschen davon betroffen, Tendenz: weiter steigend. Derzeit kann die feuchte (fortgeschrittene, aggressive) Form eventuell mit Medikamenten behandelt werden, für die trockene (frühe, langsam voranschreitende) Form sind keine wirksamen Behandlungen verfügbar. Genaue Ursachen für diese Augenkrankheit sind zwar noch unbekannt, doch man weiß, dass Entzündungen ebenso wie freie Radikale eine Rolle bei der Entstehung spielen. In letzter Zeit zeigte sich, dass niedriggradige Entzündungen, die durch Dysbiose (gestörte Darm-Mikrobiota) und einen durchlässigen Darm unterstützt werden, zur Entwicklung der Makuladegeneration beitragen können. Ein italienisches Forscherteam stellte in einer Übersicht die aktuellen Erkenntnisse dazu vor. Sie werteten Studien aus, in denen die Wirkungen bestimmter Ernährungsweisen (reich an Fetten, Glukose oder Fruktose) und von antientzündlichen und antioxidativen Mikro-Nährstoffen auf die Darm-Mikrobiota und Makuladegeneration untersucht wurden.

In den letzten zehn Jahren wurde eine veränderte Darm-Mikrobiota mit vielen Darm- und anderen Krankheiten verbunden. Eine erhöhte Durchlässigkeit des Darms ermöglicht die stärkere Übertragung von bakteriellen Produkten, die in den Körpergeweben niedriggradige Entzündungen auslösen können. Davon können auch die Augen betroffen sein. Metaboliten und Produkte der Darm-Mikrobiota können z.B. retina-spezifische Immunzellen verändern. Vor kurzem zeigte sich weiter, dass eine mit Fettleibigkeit verbundene Darm-Mikrobiota die Bildung krankhafter Blutgefäße im Netzhautgewebe anregen kann. Diese Erkenntnisse unterstützen das Konzept einer Darm-Retina-Achse bei der Entstehung von Augenkrankheiten. Außerdem hat die Darm-Mikrobiota wichtige Funktionen im Stoffwechsel und in der Aufnahme mehrerer Makro- und Mikro-Nährstoffe im Darm, die an der Makuladegeneration beteiligt sind.

Die entscheidende Rolle der Darm-Mikrobiota bei der Makuladegeneration erklärt sich bei einer gesunden Ernährung auch aus der Versorgung mit antientzündlichen und antioxidativen Mikro-Nährstoffen. Sie können dazu beitragen, das Risiko für eine fortschreitende Entwicklung vor allem der frühen Makuladegeneration zu verringern. Zwei Studien, AREDS und AREDS2 (Age-Related Eye Disease Study), haben in den letzten Jahren wichtige Nachweise für die Wirksamkeit von Vitaminen und anderen Mikro-Nährstoffen bei der Makuladegeneration erbracht. Dazu gehören die Vitamine C, E und D, die Carotinoide Beta-Carotin, Lutein und Zeaxanthin, das Spurenelement Zink sowie die Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA. Zink spielt z.B. im Auge eine wichtige antioxidative Rolle, es ist ein Cofaktor vieler Augenenzyme inklusive Superoxiddismutase und Katalase. Zink ist in der Netzhaut hoch konzentriert, im retinalen Pigmentepithel und der Aderhaut zu finden, es ist weiter an elektrischen Signalen von Photorezeptoren beteiligt. 

Niedrige Zinkspiegel sind mit einer schlechten Nachtsicht sowie dem Abbau von Pigmentepithel und Photorezeptoren verbunden. Beobachtungsstudien weisen darauf hin, dass Menschen mit guter Versorgung von Selen und Zink weniger anfällig für die Makuladegeneration sind. Auch die langkettigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind in den Membranen der Netzhaut hoch konzentriert. Man geht davon aus, dass Omega-3-Fettsäuren positiv auf die Makula einwirken und sie vor Degeneration schützen. Epidemiologische Studien unterstützen die Empfehlung, dass der regelmäßige Verzehr von fettreichen Fischen (z.B. Lachs, Sardinen, Makrele, Forelle) oder Fischöl-Präparaten mit einem geringeren Risiko für die Makuladegeneration verbunden ist.

Die Forscher ziehen das Fazit: Viele Beobachtungsstudien zeigten, dass die Ergänzung von Mikro-Nährstoffen zu einem geringeren Fortschreiten der Makuladegeneration in den frühen Stadien beitragen kann. Neuere Erkenntnisse deuten auf eine starke Wechselwirkung zwischen der Darm-Mikrobiota und der Netzhaut hin, die Darm- Retina-Achse genannt wird. Ein besseres Verständnis der Mechanismen, die dieser Verbindung zugrunde liegen, kann helfen, den Verlauf der Makuladegeneration mit gesunder Ernährung und angemessenen Zufuhren von Mikro-Nährstoffen zu beeinflussen. Das kann z.B. der Dysbiose im Darm und einer erhöhten Darmdurchlässigkeit vorbeugen und so auch mögliche Netzhautschäden verringern. In weiteren Studien sollte geklärt werden, ob die verbesserte Darm-Mikrobiota auch den Verlauf der Makuladegeneration verzögern kann.

Quelle
Emanuele Rinninella et al., The Role of Diet, Micronutrients and the Gut Microbiota in Age-Related Macular Degeneration: New Perspectives from the Gut-Retina Axis. In: Nutrients, Online-Veröffentlichung vom 5.11.2018, doi: 10.3390/nu10111677.

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