Krankhafte Essstörungen: Magersucht, Bulimie und Esssucht

Zu einem gestörten, krankhaften Essverhalten gehören die Magersucht (Anorexia nervosa) und die Bulimie sowie die Esssucht. Typisch für das krankhafte Fehlverhalten beim Essen sind eine gestörte Wahrnehmung des eigenen Körpers. Das gilt sowohl für das übermäßige Unter- als auch für das starke Übergewicht.

Typisch ist auch die extreme Beschäftigung mit dem Essen, die einen großen Raum im Tagesablauf einnimmt. Während die einen stark damit beschäftigt sind, die Nahrung zu vermeiden und zu reduzieren, sind die anderen damit beschäftigt, übermäßig viel Nahrung aufzunehmen. Starkes Unter- und Übergewicht sind krankhaft, wobei viele Betroffene sich weigern, ihr Verhalten als eine Krankheit anzuerkennen.


Untergewicht und Übergewicht nach dem Body-Mass-Index
Für die Einordnung des Körpergewichts gibt es verschiedene Möglichkeiten. Am häufigsten verwendet wird der Body-Mass-Index (BMI), der mit dieser Formel bestimmt wird.

BMI = Körpergewicht in kg : (Körpergröße in Meter²),

BMI-Werte von 18,5 bis 24,9 gelten als Normalgewicht, Werte unter 18,5 gelten als Untergewicht. Das Übergewicht wird in zwei Gruppen unterschieden. Ein geringes Übergewicht reicht bei Erwachsenen von 25 bis 29,9. Ab einem BMI von 30 beginnt das starke Übergewicht oder die Adipositas, die generell als behandlungsbedürftig eingestuft wird. Ein BMI ab 40 gilt als extreme Adipositas. Für Kinder gibt es eigene alters- und geschlechtsspezifische BMI-Werte.


Anorexia nervosa (Magersucht)
Von der Magersucht sind überwiegend Frauen (ca. 1%) im Alter zwischen 14 und 35 Jahren betroffen, doch es gibt auch einige magersüchtige Männer. Zu den Ursachen gehören zum einen soziokulturelle Faktoren, darunter vor allem das massive Schlankheitsideal, zum anderen die persönliche Entwicklung, u.a. ein geringes Selbstwertgefühl und belastende familiäre Strukturen. Die Krankheit beginnt oft im Alter zwischen 14 und 18 Jahren mit einer starken Kontrolle des Essverhaltens und eingeschränkter Nahrungsaufnahme durch häufige Diäten und Fasten.

Das Ziel der Betroffenen ist ein extremes Untergewicht, wobei sie sich immer noch als zu dick empfinden. Jede Gewichtszunahme verusacht Angstgefühle. Die Diagnose Magersucht wird gestellt, wenn das Gewicht 15 % unter dem altersgemäßem Body-Mass-Index (BMI) liegt. Im Extremfall kann das Untergewicht aber noch deutlich geringer und lebensgefährlich sein. Zu den Folgen der Magersucht gehören die Unterversorgung mit vielen Mikro-Nährstoffen durch die eingeschränkte Nahrung, die Amenorrhoe (Ausbleiben der Menstruation), niedrige Herzfrequenz und niedriger Blutdruck, erhöhtes Risiko für Knochenbrüche und Verdauungsprobleme.

Die Therapie stützt sich auf eine psychologische (Verhaltens-, Psycho-, Familientherapie) und abhängig vom Ausmaß des Untergewichts auf ernährungs-medizinische und medizinische Maßnahmen. Angestrebt wird die Gewichtszunahme, die Beseitigung von Nährstoff-Defiziten und die Festigung eines normalen Essverhaltens.


Bulimie (Ess-Brech-Sucht)
Die Bulimie ist eine suchtartige Essstörung mit ähnlichen Ursachen wie bei der Magersucht. Betroffen sind überwiegend Frauen (ca. 3 bis 4%) im Alter zwischen 15 und 35 Jahren, aber auch hier gibt es einige Männer. Viele waren vorher übergewichtig oder magersüchtig. Bulimische Patienten haben in der Regel ein normales Gewicht. Ausgeprägt ist auch hier die erhöhte Angst vor einer Gewichtszunahme, die starke Kontrolle der Nahrung und die ständige Beschäftigung mit dem Essen.

Die Fähigkeit zur Essens-Kontrolle kann aber nicht ständig aufrechterhalten werden. Bei der Bulimie wechseln sich daher ein stark gezügeltes Essverhalten mit gierigen Heißhungerattacken ab, wobei kohlenhydrat- und fettreiche Nahrung bevorzugt wird. Die Essanfälle können z.B. zweimal pro Woche oder auch öfter auftreten. Die bei solchen Attacken übermäßige Kalorienaufnahme (2000 bis zu 15000 Kalorien) wird mit verschiedenen Maßnahmen schnell "abgebaut". Dazu gehören selbst herbeigeführtes Erbrechen, der Missbrauch von Abführmitteln, Fastenperioden und die Einnahme von Appetitzüglern und Diuretika.

Die Patienten sind sich ihrer Krankheit durchaus bewusst, schämen sich aber dafür und verbergen sie deshalb vor anderen. Zu den Folgen gehören vorwiegend Mund- und Zahnbeschwerden sowie Magen-Darm-Probleme. Die Therapie erfolgt ähnlich wie bei der Magersucht mit medizinischen und verhaltens- bzw. psychotherapeutischen Maßnahmen.


Adipositas
In Deutschland ist rund die Hälfte der Menschen übergewichtig, rund 20% sind adipös. Immer häufiger sind bereits Kinder und Jugendliche übergewichtig (ca. 12%), was sich erheblich auf ihre Gesundheit im Erwachsenenalter auswirkt. Übergewicht ist die Folge einer langfristig übermäßigen Nahrungszufuhr im Verhältnis zum tatsächlichen Energiebedarf, der von der körperlichen Aktivität in Beruf und Freizeit abhängt.

Das Essverhalten wird durch viele Faktoren beeinflusst. Dazu gehören u.a. der Geschmack, die Erziehung und Psyche. Auch das Hunger- und Sättigungsgefühl spielen eine wichtige Rolle für die normale Regulation der Nahrungszufuhr. Bei Übergewichtigen sind diese Impulse oft gestört, daher wird mehr Nahrung als nötig aufgenommen, worüber sich viele Betroffene aber nicht bewusst sind. Bei Übergewicht steigt der Fettanteil im Körper deutlich an. Zunächst vergrößern sich die Fettzellen, die sich später auch vermehren.

Einige Krankheiten können Gewichtszunahmen begünstigen (u.a. Morbus Cushing, Hypothyreose), gleiches gilt für einige Medikamente, auch genetische Faktoren können eine Rolle spielen. Dennoch gilt, Übergewicht entsteht vorwiegend durch übermäßige Kalorienzufuhr.


Das metabolische Syndrom und seine Folgen
Die gesundheitlichen Risiken werden stark von der Fettverteilung im Körper beeinflusst. Erhöhte Fettansammlungen in der Bauchregion (abdominale Adipositas) haben deutlich ungünstigere Auswirkungen auf die Gesundheit als eine relativ gleichmäßige Fettverteilung. Als Vorstufe für ernstere Krankheiten kann sich das metabolische Syndrom entwickeln.

Dazu gehört neben der abdominalen Adipositas die Entstehung von Diabetes Typ 2, Störungen im Fettstoffwechsel, Bluthochdruck und veränderte Harnwerte. Sind drei dieser Faktoren vorhanden, wird die Diagnose metabolisches Syndrom gestellt. Daraus können sich (wenn nicht bereits vorhanden) Diabetes und Atherosklerose entwickeln. Übergewicht belastet nahezu alle Organe und Funktionen im Körper. Es trägt zu Herz-Kreislauf-Krankheiten, zu Schlaganfällen und zur Entstehung von Krebs sowie zu vielen anderen Krankheiten, z.B. Gicht, Gallenbeschwerden und Gelenkkrankheiten, bei.


Wann und wie abnehmen?
Die Gewichtsabnahme ist bei Adipositas aus gesundheitlichen Gründen empfehlenswert. Das gilt auch bei einem geringeren Übergewicht, wenn es eine stärkere Fettansammlung in der Bauchregion gibt oder beispielsweise Bluthochdruck oder Diabetes Typ 2 vorhanden sind. Reduktions-Diäten sollten nicht auf eigene Faust, sondern unter Anleitung von fachkundigen Therapeuten und Ernährungsberatern etc. stattfinden.

Gesunde Konzepte zum Abnehmen kombinieren bei mäßigem Übergewicht (bis 29,9 BMI) drei Faktoren: eine Diät mit einer gesunden, kalorien- und fettreduzierten Mischkost (1200 bis 1500 Kalorien pro Tag, je nach Diät) sowie eine Bewegungs- und Verhaltenstherapie. Bei Adipositas werden evtl. Formula-Diäten oder auch Medikamente eingesetzt. Um Defizite an Mikro-Nährstoffen zu vermeiden, können begleitend gute Multi-Nährstoff-Präparate eingenommen werden (siehe dazu unseren Beitrag über Diäten).

Die Gewichtsabnahme soll möglichst nicht schnell, sondern mäßig und stetig erfolgen, um den Erfolg nicht zu gefährden. Langfristig anzustreben ist die Ernährungsumstellung, um das erreichte niedrigere Gewicht zu erhalten bzw. erneute größere Gewichtszunahmen nach dem Ende der Diät zu vermeiden (JoJo-Effekt). Beibehalten werden sollte auch ein geeignetes Bewegungsprogramm. Die Motivation zur anhaltenden Ernährungsumstellung kann in Selbsthilfegruppen gestärkt werden.