Phenylalanin und Tyrosin – wichtig für den Hormonstoffwechsel und die Hirnfunktionen

Phenylalanin und das daraus gebildete Tyrosin tragen zur Bildung vieler Stoffe im Körper bei. Dazu gehören vor allem Hormone und Neurotransmitter. D- und DL- Phenylalanin haben außerdem schmerzlindernde Wirkungen.

Phenylalanin ist eine essentielle Aminosäure, die in fast allen Lebensmitteln enthalten ist. Sie wurde 1879 aus Pflanzenquellen isoliert und 1882 chemisch synthetisiert. Die Aminosäure Tyrosin ist bedingt essentiell. Sie entsteht aus Phenylalanin und ist nur dann essentiell, wenn dieses nicht ausreichend gebildet werden kann.

Phenylalanin und Tyrosin haben wichtige Funktionen im Körper
Phenylalanin und davon abhängig Tyrosin tragen zur Synthese wichtiger körpereigener Proteine bei. Dazu gehören beispielsweise Insulin, Melanin und das Schilddrüsenhormon Thyroxin. Phenylalanin kann in vom Gehirn benötigte Botenstoffe (Neurotransmitter Dopamin, Serotonin und Tyramin) umgewandelt werden und hat auf diese Weise anregende Wirkungen. Es kann die Gedächtnisleistung stärken und den Appetit zügeln. Phenylalanin wird außerdem für die Beseitigung von Schadstoffen durch die Nieren und Blase benötigt.

Phenylalanin wird in der Leber zu Tyrosin umgewandelt, das nur aus dieser Aminosäure hergestellt werden kann. Tyrosin wird danach in andere Stoffe, Hormone und Neurotransmitter, umgebaut. Tyrosin ist beispielsweise ein Vorläuferstoff des Hautpigmentes Melanin, und es trägt dazu bei, das Schilddrüsenhormon Thyroxin zu bilden. Bei starkem Stress, beispielsweise durch Infektionen, Traumen oder chronische Erkrankungen, ist dieser Prozess gestört. Dann wird Tyrosin zur essentiellen Aminosäure. Anders als sonst bei Aminosäuren hat Phenylalanin nicht nur in seiner natürlichen L-Form, sondern auch als D-Form besondere Funktionen im Körper.

Man glaubt, dass D-Phenylalanin Enzyme im Zentralen Nervensystem blockieren kann, die körpereigene "Schmerzstiller" abbauen. Werden sie gehemmt, können bestimmte Stoffe (Enkephaline) Schmerzen besser lindern. D-Phenylalanin hat außerdem antidepressive Fähigkeiten, es wird aber vor allem eingesetzt, um chronische Schmerzen zu lindern. Synthetisch hergestelltes DL-Phenylalanin verbindet beide Formen und ihre Fähigkeiten.

Die Hauptlieferanten von Phenylalanin und Tyrosin
Phenylalanin und Tyrosin sind in vielen Lebensmitteln enthalten. Reichlich vorhanden sind sie in Gemüsen, Nüssen, Samen, Weizenkeimen, Milchprodukten, Fleisch und Fisch.

Einige Phenylalanin- und Tyrosin-reiche Lebensmittel enthalten
in je 100 Gramm

  Phenylalanin/Tyrosin
Sojabohnen 1970 mg
Emmentaler Käse 1800 mg
Erdnüsse 1540 mg
Weizenkeime 1200 mg
Mandeln 1400 mg
Thunfisch 1050 mg
Rindfleisch, Filet 930 mg
Forelle, blau 920 mg
Hüttenkäse 635 mg
1 mittleres Ei 400 mg

Der tägliche Bedarf an Phenylalanin und Tyrosin
Der tägliche Bedarf an Phenylalanin und Tyrosin beträgt für gesunde Erwachsene etwa 14 mg pro Kilogramm Körpergewicht.

Deckt die tägliche Ernährung den Bedarf an Phenylalanin und Tyrosin?
Bei ausgewogener Ernährung und normalem Bedarf ist die Versorgung mit Phenylalanin und Tyrosin in der Regel gedeckt.

Typische Gruppen für einen Mehrbedarf an Phenylalanin und/oder Tyrosin

  • bei akutem, chronischen Stress (Infektionen, Traumen, Sport etc.)
  • D- oder DL-Phenylalanin bei chronischen Schmerzen
  • evtl. bei Depressionen
  • Tyrosin evtl. bei Alkoholentzug
  • Tyrosin evtl. bei Phenylketonurie (wenn die Tyrosin-Spiegel gering sind)
  • bei allgemeinem Mangel an Aminosäuren durch einige Krankheiten
  • bei Parkinson´scher Krankheit

Phenylalanin und Tyrosin tragen über ihre Beteiligung am Hormonstoffwechsel und an der Bildung wichtiger Neurotransmitter zu vielen Funktionen im Körper bei. D-Phenylalanin (und DL-Phenylalanin) hat vor allem bei chronischen Schmerzen eine lindernde Wirkung. DL-Phenylalanin kann außerdem die schmerzlindernden Effekte der Akupunktur unterstützen. Es gibt Hinweise, dass DL-Phenylalanin beim Entzug von Alkohol oder anderen Drogen helfen kann. Tyrosin kann als milder Appetitzügler wirken, Stimmungen können sich bessern, und beim prämenstruellen Syndrom können Reizbarkeit, Depressionen und Müdigkeit gesenkt werden.

Bei der Parkinson´schen Krankheit können Phenylalanin und Tyrosin dazu beitragen, den Neurotransmitter Dopamin zu erhöhen und die Krankheitssymptome zu mildern. Bei einem gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus kann Tyrosin helfen, tagsüber auftretende Schläfrigkeit zu verringern und das abendliche Einschlafen zu fördern. Tyrosin kann außerdem bei akutem, chronischen Stress, beispielsweise beim Sport, die Leistung und Energie steigern.

Wenn Phenylalanin und Tyrosin im Körper fehlen
Ein Mangel an Phenylalanin kommt nur selten vor. Er stört die Biosynthese von Proteinen. Zu den Folgen gehört beispielsweise, dass die Bildung der Myelinscheiden (Isolierschutz der Nervenfasern) im Hirn gestört ist. Dies kann zu neurologischen Schäden führen. Menschen, die eine Phenylketonurie haben, müssen in ihrer Diät darauf achten, dass sie bei der gebotenen Beschränkung der Phenylalanin-Zufuhr trotzdem genügend Mengen aufnehmen.
Wie Phenylalanin fehlt auch das davon abhängige Tyrosin nur selten. Bei akutem, chronischen Stress steigt der Bedarf an Tyrosin.

Stress senkt die Noradrenalin-Spiegel, die von den Nebennieren gesteuert werden. Da Tyrosin der Vorläuferstoff von Noradrenalin ist, können ergänzende Zufuhren die Leistung und Energie bei Belastung steigern. Tyrosin kann bei Phenylketonurie erniedrigt sein, dies ist aber nicht bei allen Erkrankten der Fall. Bei depressiven Menschen sind manchmal die Tyrosin-Werte verringert. Bei einem schlechten Eiweißstoffwechsel, beispielsweise durch Nierenkrankheiten, fehlen meist mehrere Aminosäuren, das betrifft auch Tyrosin.

Wenn Phenylalanin im Übermaß vorhanden ist
Die Phenylketonurie ist eine vererbte, angeborene und weltweit verbreitete Stoffwechselstörung. In Deutschland ist etwa 1 von 7.000 Neugeborenen betroffen. Bei allen Säuglingen wird ein Test durchgeführt, um diese Störung frühzeitig zu erkennen und ihre Folgen zu vermeiden. Bei der Phenylketonurie fehlt dem Körper ein Leberenzym (Phenylalaninhydroxalase), das Phenylalanin in die Aminosäure Tyrosin umwandelt. Da Phenylalanin im Körper nicht abgebaut werden kann, sammeln sich im Blut sehr hohe Werte der Aminosäure an (>400 mal höher als normal), die schließlich zu Vergiftungen führen.

Betroffen davon sind besonders die Haut, Haare und das Hirn. Die Krankheit führt zu einer verlangsamten geistigen Entwicklung, sie kann Hirnschäden, Anfälle und Hautstörungen auslösen. Wird die Phenylketonurie beim Neugeborenen-Screening erkannt, kann sie mit einer lebenslang und konsequent eingehaltenen Diät behandelt werden, wobei eine normale geistige Entwicklung erreicht wird. Da unsere vielen eiweißhaltigen Lebensmittel mehr Phenylalanin liefern, als der Körper braucht, werden spezielle Produkte verwendet, denen Phenylalanin entzogen wurde.

Kann man Phenylalanin und Tyrosin überdosieren oder gibt es Nebenwirkungen?
Die Dosierung von Phenylalanin und Tyrosin erfolgt zu therapeutischen Zwecken, sie sollte daher auch unter therapeutischer Kontrolle erfolgen. Bei der Ergänzung von Tyrosin gibt es allgemein keine Nebenwirkungen. Bei Phenylalanin sind Nebenwirkungen in seltenen Fällen möglich. Dazu gehören beispielsweise Kopfschmerzen, Ängste und Bluthochdruck. Bei bestimmten Krankheiten sollte Phenylalanin nicht eingenommen werden, das gilt beispielsweise für schwere Leberleiden, bei Einnahme bestimmter Antidepressiva (MAO-Hemmer) und bei Schizophrenie, wenn die Dopamin-Spiegel erhöht sind.

Phenylalanin und Tyrosin zur Vorbeugung und Therapie – und wieviel?

Zur Vorbeugung sind Phenylalanin und Tyrosin in der Regel nicht nötig. Sie werden bei einigen Krankheiten therapeutisch angewendet, beispielsweise bei Depressionen oder zur Linderung von Schmerzen.


Die Ergänzung von Phenylalanin und Tyrosin zur allgemeinen Vorbeugung ist unnötig, da beide Aminosäuren in der Regel mit der Ernährung in ausreichender Menge aufgenommen werden. Phenylalanin und Tyrosin können therapeutisch angewendet werden. Die Wahl der Aminosäure, ihre Form und die Dosierung sollte durch einen Therapeuten festgelegt werden. Bei Phenylalanin werden Mengen von 200 mg bis zu 8 g täglich, bei Tyrosin 200 mg bis zu 6 g täglich verabreicht.

Beide Aminosäuren sollten möglichst nicht gleichzeitig gegeben werden, da sich die Risiken von Nebenwirkungen erhöhen. Beide Aminosäuren werden, wenn sie nüchtern eingenommen werden, vom Körper gut aufgenommen. Phenylalanin wird im allgemeinen besser verwertet als Tyrosin. Es kann nützlich sein, zusätzlich andere Nährstoffe zu ergänzen.
So unterstützt beispielsweise Vitamin B6 die Umwandlung von Phenylalanin und Tyrosin in Neurotransmitter. Speziell bei der Anwendung von Phenylalanin kommt es darauf an, mit welchem Ziel und welcher Wirkung diese Aminosäure eingesetzt werden soll. Abhängig davon wird die L-, D- oder DL-Form gewählt.

Normalerweise wird bei Phenylalanin immer die L-Form ergänzt, die D- und DL-Formen können vor allem Schmerzen lindern, das gilt beispielsweise für Rückenschmerzen, Arthritis, menstruationsbedingte Schmerzen, Migräne und Zahnschmerzen. Allerdings muss die Aminosäure mindestens zwei bis vier Wochen eingenommen werden, um eine schmerzsenkende Wirkung zu erzielen. Der Einsatz ist daher nur bei chronischen Schmerzen angebracht. DL-Phenylalanin wird außerdem angewendet, um die schmerzlindernden Effekte der Akupunktur zu unterstützen.

Es gibt Hinweise, dass DL-Phenylalanin beim Entzug von Alkohol oder anderen Drogen helfen kann. Tyrosin kann als milder Appetitzügler wirken, Stimmungen können sich bessern, und beim prämenstruellen Syndrom können Reizbarkeit, Depressionen und Müdigkeit verringert werden. Bei der Parkinson´schen Krankheit können Phenylalanin und Tyrosin dazu beitragen, den Neurotransmitter Dopamin zu erhöhen und die Krankheitssymptome zu mildern. Bei einem gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus kann Tyrosin helfen, tagsüber auftretende Schläfrigkeit zu senken und das abendliche Einschlafen zu fördern. Tyrosin kann außerdem bei akutem, chronischen Stress, beispielsweise beim Sport, die Leistung und Energie steigern.