B-Vitamin Niacin – ein Allrounder im Stoffwechsel

Niacin ist nahezu in allen Körpergeweben vorhanden, es ist für die Energiegewinnung und den Stoffwechsel von Kohlenhydraten, Aminosäuren und Fetten wichtig.

Niacin wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts identifiziert. Seine biochemischen Funktionen wurden in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts beschrieben. Die Beziehungen zum Stoffwechsel der Aminosäure Tryptophan wurden erst in den 60er Jahren aufgeklärt. Niacin wurde früher als Vitamin B3 oder Vitamin PP (pellagra preventive) bezeichnet. Letzteres leitet sich von der Niacin-Mangelkrankheit Pellagra ab, die häufig in südlichen Ländern vorkam, in denen der Mais ein Hauptnahrungsmittel ist.

Pellagra bedeutet rauhe Haut, typisch sind verschiedene Hautveränderungen, hinzu kommen ernste Störungen im Magen-Darm- und Nervensystem. Die Krankheit wurde im 18. Jahrhundert beschrieben, im 19. Jahrhundert wurde die Beziehung zum Niacinmangel klar. Als Gegenmaßnahme reicherte man daher beispielsweise in den USA Getreideprodukte mit Niacin an. Heute wird Niacin als Sammelbegriff für Nikotinsäure und Nikotinsäureamid verwendet. Beide haben gleiche Wirkungen und können im Körper jeweils ineinander überführt werden. Hinzu kommen die wirksamen Coenzym-Formen NAD und NADP (Nicotinamid-Adenin-Dinucleotid und Nicotinamid-Dinucleotid-Phosphat), die in vielen Lebensmitteln vorkommen.

Sie sind im Körper an über 200 enzymatischen Vorgängen beteiligt. Niacin kann im Körper außerdem aus der Aminosäure Tryptophan gebildet werden, die als Provitamin für Niacin gilt.

Viele wichtige Funktionen im Körper
Niacin ist in verschiedenen Formen praktisch in allen Geweben des Körpers vorhanden. Seine Funktionen beeinflussen nahezu den gesamten Stoffwechsel. Niacin ist an der Energieproduktion ebenso wie am Stoffwechsel von Kohlenhydraten, Fetten und Aminosäuren beteiligt. Vor allem die Haut, das Muskelgewebe, das Nerven- und Verdauungssystem sowie die Reproduktion und Reparatur der DNS benötigen Niacin. Es ist weiter an der Regulation des Blutzuckers sowie am Stoffwechsel von Fettsäuren und Cholesterin beteiligt. Dazu sind auch antioxidative Funktionen von Niacin bekannt.

Die Hauptlieferanten von Niacin

Fleisch und Fisch bzw. generell alle eiweißreichen Lebensmittel liefern gute Mengen an Niacin. Ein Mangel an diesem Vitamin besteht daher durch die Ernährung in der Regel nicht.

Niacin ist in vielen Lebensmitteln enthalten. Im allgemeinen wird aus tierischen Quellen mehr als die Hälfte des täglichen Bedarfes an Niacin gedeckt. Neben Leber und Rindfleisch sind auch viele Fische gute Lieferanten von Niacin. Alle eiweißhaltigen Lebensmittel enthalten im Durchschnitt etwa 1 Prozent an der Aminosäure Tryptophan, die im Körper in Niacin umgewandelt werden kann. Und wer regelmäßig Kaffee trinkt, nimmt mit jeder Tasse etwa 1 bis 2 mg Niacin auf. In Form von Nikotinsäure ist Niacin auch in vielen Getreideprodukten enthalten. Es sitzt jedoch in der Aleuronschicht, die beim üblichen Ausmahlen von Getreide verlorengeht. Generell wird Niacin aus Pflanzen schlechter vom Körper verwertet. Niacin ist gegenüber den Einflüssen von Hitze, Licht und Lust relativ stabil. Bei der Zubereitung entstehen daher nur geringe Verluste von durchschnittlich 20 Prozent.

An Niacin reiche Lebensmittel enthalten in 100 Gramm

Leber (Schwein, Rind) 15 mg
Huhn (Brustfleisch), Thunfisch  je 11 mg
Huhn, Kaninchen je 8 mg
Lachs 7 mg
Heilbutt 6 mg
Fleisch (Kalb, Rind) je 6 mg
Schwein 4,5 mg
Forelle, Hering je 3 - 4 mg
Kabeljau 2 mg
Roggen, Vollkorn 1,7 mg

15 Milligramm Niacin (empfohlener Tagesbedarf) sind enthalten in

Kalbsleber 100 g
Rindfleisch 200 g
Weizenvollkorn, Lachs 250 g
Schweinefleisch, Hering 300 g
Forelle, Schellfisch 500 g
Erbsen 750 g
Kohlrabi 950 g
Kartoffel 1.250 g
Blumenkohl 1.500 g
Obst 3.000 g

Die täglichen Bedarfswerte an Niacin
Wegen der möglichen Bildung von Niacin aus Tryptophan wird der tägliche Bedarf nur annähernd geschätzt. Er wird in Niacin-Äquivalenten angegeben, die auf der Umwandlung von Tryptophan in Niacin basieren. Dabei entsprechen 1 mg Niacin 60 mg Tryptophan. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. geht für Jugendliche und Erwachsene von einem täglichen Bedarf von 13 bis 17 mg Niacin aus. Für weibliche Jugendliche und Frauen wird der Bedarf mit 13 mg angegeben, bei Schwangerschaft werden 15, in Stillzeiten 17 mg empfohlen. Männern sollten zwischen13 mg (Ältere) und 17 mg Niacin (Jüngere) aufnehmen. Kindern werden je nach Alter 7 bis 18 mg Niacin empfohlen.

Deckt die tägliche Ernährung den Bedarf an Niacin?
Die Versorgung mit Niacin gilt bei uns als gesichert. Ein Mangel kommt nur bei langfristig einseitiger Ernährung vor, in der Eiweißstoffe fehlen. Die Leber ist der Hauptspeicher von Niacin, jedoch werden nur geringe Vorräte gebildet. Sie reichen für etwa zwei bis sechs Wochen aus. Die Aufnahme von Niacin kann durch einen Mangel an Kupfer und durch zu hohe Mengen an der Aminosäure Leuzin gehemmt werden.

Erhöhter Bedarf für Prävention und Therapie

Trotz der recht guten Versorgung aus der Ernährung kann aufgrund von Krankheiten etc. ein Mangel an Niacin bzw. ein Mehrbedarf entstehen.

Ein Mangel an Niacin kann durch einige Krankheiten gefördert werden. Dies ist beispielsweise bei Infektionen und Fieberkrankheiten der Fall, die mit einer erhöhten Aktivität im Stoffwechsel einhergehen. Auch bei krankheitsbedingter erhöhter Ausscheidung, z.B. infolge von Nierenkrankheiten, kann es zu einem Mehrbedarf an Niacin kommen. Gleiches gilt für einige Magen-Darm-Krankheiten (mit starkem Erbrechen und Diarrhö).

Typische Gruppen für einen Mehrbedarf an Niacin

  • schwangere und stillende Frauen
  • bei anhaltend eiweiß-armer Ernährung
  • bei Mangel an Vitamin B2, B6 und Folsäure
  • bei Krankheiten mit hoher Aktivität des Stoffwechsels (Infektionen, Fieber, Krebs)
  • bei Malabsorption, z.B. durch entzündliche Darmerkrankungen oder andere Magen-Darm-Störungen
  • bei Einnahme einiger Medikamente (z.B. Antidiabetika, Betablocker)
  • in Zeiten der Rekonvaleszenz
  • bei hohem Alkoholkonsum

Wenn Niacin im Körper fehlt
Die klassische Mangelkrankheit ist die Pellagra, die in südlichen Ländern häufig vorkam, in denen Mais und Hirse Hauptnahrungsmittel sind. Sie enthalten wenig Tryptophan und hohe Mengen an der Aminosäure Leuzin, die einen erhöhten Bedarf an Niacin bewirkt. Heute weiß man, dass die Pellagra nicht allein auf einem Niacinmangel beruht, sondern mit einem Mangel an anderen B-Vitaminen einhergeht.

Zu den typischen Pellagra-Symptomen gehören gerötete, rissige, schuppige und verhärtete Hautflächen an allen Körperstellen, die der Sonne ausgesetzt sind. Hinzu kommen bei fortschreitender Entwicklung u.a. Erbrechen, Durchfälle, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Depressionen. Die Krankheit konnte tödlich verlaufen. Heute kommt sie seltener vor, da beispielsweise neue Maiszüchtungen und die Anreicherung von Lebensmitteln mit Niacin zum Rückgang der Pellagra führten.
Im allgemeinen wird empfohlen, dass die täglichen Zufuhren an Niacin nicht unter 10 mg täglich liegen sollen. Fehlt ausreichend Niacin im Körper, können - bevor die Pellagra auftritt - auch unspezifische Symptome entstehen. Dazu gehören der Mangel an Appetit, Gewichtsabnahmen, körperliche und geistige Leistungsschwächen, Schlafstörungen und Verstimmungen.

Kann man Niacin überdosieren oder gibt es Nebenwirkungen?
Nur bei sehr hohen Dosen von Nikotinsäure sind Nebenwirkungen bekannt. Vorübergehend kann beispielsweise ein Flush (Hautrötung, Hitzegefühl) entstehen. Bei sehr langer Anwendung hoher Dosen können die Leberfunktion gestört und die Toleranz für Kohlenhydrate vermindert werden. Es kann beispielsweise zum Blutdruckabfall und zu Entzündungen der Magenschleimhaut kommen.

Niacin zur Vorbeugung – und wieviel?
Zur Vorbeugung und Therapie wird bevorzugt Nikotinamid eingesetzt, da es beispielsweise auch bei Magen-Darm-Empfindlichkeit gut verträglich ist. Vorbeugend werden Mengen im Bereich von 15 bis 25 mg Niacin empfohlen. Zur Therapie werden teils weitaus höhere Dosen eingesetzt. Sie sollten wegen möglicher Nebenwirkungen ärztlich verordnet und überwacht werden.