Vitamin D fördert die Genesung nach Hüftfrakturen

Hüftfrakturen sind mit starken Belastungen verbunden. Nach einer erfolgreichen Operation ist die gute Rekonvaleszenz entscheidend. Gute Vitamin D-Werte können dazu beitragen.

In den letzten Jahrzehnten führte der Anstieg der Lebenserwartung nach dem 60. Lebensjahr zu deutlich mehr Hüftfrakturen. Sie sind bei älteren Patienten eine sehr belastende Verletzung, da das physische, mentale, funktionelle und soziale Gleichgewicht stark beeinträchtigt wird. Verbunden damit ist auch das Risiko der erhöhten Sterblichkeit. Zu den wichtigsten akuten Komplikationen gehören die Sepsis (multiples Organversagen durch ein fehlgesteuertes Immunsystem) und die Lungenembolie (Verengung der Lungenarterie) sowie weitere damit verbundene Probleme, z.B. im Herz-Kreislauf-System. Zu den längerfristigen Folgen der Ruhigstellung gehören Wundliegen, Harnwegsinfektionen, Lungenentzündungen und tiefe Venenthrombosen. Die Immobilisierung führt weiter zu einem Verlust an Muskelmasse und -funktionen und erhöht das Risiko für Stürze und weitere Knochenbrüche, einschließlich der bisher nicht betroffenen Hüfte.

Es gibt aus der Forschung einige Hinweise, dass nach einer erfolgreichen Operation der Vitamin D-Status zur Genesung der Patienten beitragen könnte. Vitamin D beeinflusst die Aufrechterhaltung der Skelettmuskel-Funktionen. Ein Mangel führt zur geringeren Absorption von Kalzium und Phosphor im Darm. Als Reaktion auf diese verminderte Fähigkeit, Kalzium aus der Nahrung aufzunehmen, erhöhen die Nebenschilddrüsen die Bildung und Freisetzung von Parathormon (PTH) in den Kreislauf. Das führt zu weiteren Veränderungen im Stoffwechsel von Kalzium, Phosphat und Vitamin D. Das Parathormon hält ein normales Serum-Kalzium aufrecht und senkt gleichzeitig die Serum-Konzentration von Phosphat. 

Die Folge ist ein vermindertes Kalziumphosphat. Das kann zu einem Mineralisierungsdefekt in der neu gebildeten Kollagenmatrix führen, was u.a. zu Osteomalazie, einer Muskel- und Knochenerkrankung, beitragen kann. Frühere Studien zeigten, dass Vitamin D eine wichtige Rolle beim Wachstum und der Differenzierung von Muskelzellen spielt. Es verbessert z.B. die Aktivität der Mitochondrien (Kraftwerke der Zellen) und die Muskelfunktionen (z.B. beim Muskelfett). Die Funktion der unteren Extremitäten, die Muskelkraft und die Leistungsfähigkeit sind auch mit Vitamin D verbunden. Einige Studien zeigten, dass Ergänzungen von Vitamin D zu weniger Stürzen führen können. Defizite an Vitamin D kommen ebenso wie die Neigung zu Stürzen im höheren Alter häufiger vor.

Eine Gruppe von US-amerikanischen Forschern prüfte im Rahmen einer Studie, ob Patienten, die wegen einer Hüftfraktur operiert wurden, von einem guten Vitamin D-Status profitieren. Geprüft wurde der Einfluss von Vitamin D auf die Mobilität und Sterblichkeit 30 und 60 Tage nach der Operation. Einbezogen waren 290 Patienten (73 % Frauen, durchschnittliches Alter 82 Jahre). Bei allen wurde der Zustand der Ernährung und der BMI (Durchschnitt 25) bestimmt. Geprüft wurde auch die Versorgung mit Vitamin D vor der Operation (25-Hydroxyvitamin D und Parathormon). 

Je nach Versorgung wurden die Patienten als schlecht (< 12ng/mL), nur mäßig (12 bis 20 ng/mL), mittelmäßig 20 bis 30 ng/mL) oder gut (> 30 ng/mL) versorgt mit Vitamin D eingestuft. Ein schlechter Zustand der Ernährung führte 30 Tage nach der Operation zu einem Trend der geringeren Mobilität, der jedoch nach 60 Tagen nicht mehr auftrat. Deutlicher beeinflusste der Vitamin D-Status die Mobilität der Patienten. Nach 30 bzw. 60 Tagen konnten 43 % bzw 30 % der Patienten mit deutlich niedrigen Vitamin D-Konzentrationen schlechter gehen als andere Patienten, die gut versorgt waren. Wer besser mit Vitamin D versorgt war, konnte deutlich schneller gehen und war allgemein mobiler.

Die Forscher ziehen das Fazit: Ein Vitamin D-Mangel (< 12ng/mL) ist mit einer deutlich verringerten Beweglichkeit nach einer Operation aufgrund einer Hüftfraktur verbunden. Ein schlechter Ernährungszustand kann zwar ebenfalls zur Immobilität beitragen, ist jedoch als Vorhersagewert weniger zuverlässig. Noch ist nicht genau geklärt, wie der Vitamin D-Status die Genesung nach Hüftfrakturen beeinflussen kann, dies sollte künftig in weiteren Studien untersucht werden. In einem Editorial zu dieser Studie wird darauf hingewiesen, dass es für alle Patienten mit einer Hüftfraktur empfehlenswert ist, den Vitamin D-Status zu prüfen und gegebenenfalls eine Ergänzung mit Vitamin D durchzuführen. 

Im übrigen könnten auch andere Knochenbrüche, z.B. im Zusammenhang mit Osteoporose, ähnlich verlaufen. Die einfache Maßnahme der Kontrolle und eventueller Ergänzung von Vitamin D könnte die Mobilität der Patienten auch nach anderen Knochenbrüchen möglicherweise deutlich verbessern.

Quelle
Llhong Hao et al., Vitamin D deficiency is associated with reduced mobility after hip fracture surgery: prospective study. In: The American Journal of Clinical Nutrition Vol. 112, Nr. 3, September 2020, S. 613-618, doi: 10.1093/ajcn/nqaa029.
siehe dazu auch das Editorial von M. F. Holick, A call for action: standard of care guidelines to assess vitamin D status are needed for patients with hip fracture, doi: 10.1093/ajcn/nqaa202.

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