Defizite an Vitamin B12 in der Schwangerschaft

Ein Mangel an Vitamin B12 bleibt in der Schwangerschaft oft unbemerkt. Er kann sich jedoch auf die Gesundheit von Mutter und Kind auswirken. Eine Studie aus Deutschland zeigt, dass die Prävention eines B12-Mangels möglichst frühzeitig für Mütter und Kinder empfehlenswert ist.

Vitamin B12 (Cobalamin) ist ein wasserlösliches Vitamin, das vom Menschen selbst nicht gebildet werden kann. Die wichtigsten Quellen sind tierische Lebensmittel, z. B. Fleisch, Milch, Eier und Fisch, während die pflanzliche Nahrung nur wenig Vitamin B12 enthält. Dieses Vitamin wird in einem komplexen Weg absorbiert und in den Zellen verarbeitet. Die Aufnahme im Magen-Darm-Trakt hängt u.a. vom intrinsischen Faktor (Glykoprotein) ab, der von bestimmten Magenzellen synthetisiert wird. Vitamin B12 ist ein Cofaktor für zwei wichtige Enzyme (Methioninsynthase, Methylmalonyl-CoA-Isomerase) im Stoffwechsel. 

Werden sie durch Defizite an Vitamin B12 in ihrer Funktion gestört, führt dies z. B. zum Anstieg von Homocystein, einer Aminosäure, die im Übermaß schädlich wirken kann. Vitamin B12 ist für alle Zellen und viele Organsysteme wichtig, das gilt vor allem für Gewebe mit einem hohen Zellumsatz. Zusammen mit Folsäure wird B12 für die Synthese von DNA und RNA, Lipiden und Proteinen benötigt, es trägt auch zur Entwicklung und normalen Funktionen des zentralen und peripheren Nervensystems bei. Außerdem ist es für die wirksame Bildung von Erythrozyten (rote Blutkörperchen) erforderlich. Zu einem Mangel an Vitamin B12 können eine unzureichende Zufuhr, z. B. durch vegane oder vegetarische Ernährung, eine schlechte Bioverfügbarkeit oder zu geringe Absorption führen. 

Eine wichtige Ursache bei Erwachsenen ist weiter der Verlust des intrinsischen Faktors bei einer Vitamin B12-Mangelanämie (perniziöse Anämie) im Rahmen einer (atrophischen) Gastritis. Man geht davon aus, dass zwischen 2,5 und 26 % der Bevölkerung von einem B12-Mangel betroffen sind. Bei Frauen im gebärfähigen Alter und bei Schwangeren kommt dieser Mangel weltweit recht häufig vor, etwa 10 bis zu 50 % der werdenden Mütter sind davon betroffen.

Niedrige Werte an B12 und Folsäure wurden in der Schwangerschaft mit Komplikationen wie Neuralrohrdefekten, Spontanaborten, Frühgeburten und möglicherweise auch mit einem niedrigeren Geburtsgewicht verbunden. Ein B12-Mangel bei Neugeborenen ist in der Regel auf die Defizite der Mütter zurückzuführen und bleibt meist ohne Symptome. Anzeichen des B12-Mangels treten bei Säuglingen oft erst im Alter von vier bis sechs Monaten auf. Typische Symptome sind z. B. eine verzögerte Entwicklung, Reizbarkeit, Fütterungsprobleme und Gedeihstörungen. Durch die meist unspezifischen Symptome wird die Diagnose eines B12-Mangels bei Säuglingen oft erst in der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres gestellt. 

Nach B12-Ergänzungen verbessern sich bei vielen Kindern die Symptome. Bei einem schweren B12-Mangel kann es jedoch zu langfristigen neurologischen und intellektuellen Beeinträchtigungen kommen. Defizite an B12 bei Säuglingen sollten möglichst frühzeitig bei Screening-Untersuchungen erkannt werden, um weitergehende Folgen zu vermeiden. Eine Gruppe deutscher Forscher untersuchte in einer Studie den B12-Mangel bei Neugeborenen, der im Rahmen von Screening-Untersuchungen festgestellt wurde. Einbezogen waren auch die Mütter, die durch ihre Defizite an Vitamin B12 in der Schwangerschaft ihre Kinder nicht ausreichend damit versorgen konnten. An der Studie nahmen 121 Mutter-Kind-Paare teil. Geprüft wurde ihre Ernährung und ob die Frauen in der Schwangerschaft Vitaminergänzungen eingenommen hatten. Rund zwei Drittel der Mütter mit B12-Mangel hatten sich mit Fleisch ernährt, die anderen bevorzugten die vegane oder vegetarische Ernährung. 

Allgemein wird schwangeren Frauen eine ausgewogene Ernährung und die Ergänzung von Folsäure empfohlen. Vegetarierinnen und Veganerinnen sollten dazu wichtige Mikronährstoffe möglichst schon vor der Schwangerschaft, einschließlich Vitamin B12, aufnehmen und die Werte in der Schwangerschaft kontrollieren lassen. Trotz solcher Empfehlungen hatten nur 63 % der Frauen Vitamine in der Schwangerschaft ergänzt. Einige der Mütter berichteten über Ernährungsprobleme und Anämie bzw. Eisendefizite in der Schwangerschaft. 

Trotz solcher Risikofaktoren oder Symptome wurde ein damit möglicherweise verbundener B12-Mangel nur selten abgeklärt. Bei 56 % der Mütter war die Ursache für den B12-Mangel unbekannt, gefolgt mit 32 % von ernährungsbedingten Ursachen. Organische Ursachen trugen nur zu 8 % zu den Defiziten bei. Alle Mütter, die sich vegan und die meisten, die sich vegetarisch ernährten, hatten während der Schwangerschaft Vitamine ergänzt. Das galt jedoch nur für rund 56 % der Mütter mit omnivorer Ernährung.

Die Forscher ziehen das Fazit: Ein unerkannter und unbehandelter Mangel an Vitamin B12 wirkt sich nachteilig für Mutter und Kind aus. Die möglichst frühzeitige Erkennung solcher Defizite in der Schwangerschaft wäre wünschenswert, doch dazu nötige Untersuchungen sind relativ kompliziert und werden nicht ausreichend durchgeführt. Idealerweise sollten die Mütter in Bezug auf den Vitamin-B12-Spiegel bereits in der frühen Schwangerschaft untersucht werden. Bei Defiziten sollte eine entsprechende Therapie eingeleitet werden. 

Wird bei Säuglingen im Rahmen der Screening-Untersuchungen, möglichst im Alter von sechs Monaten, ein B12-Mangel festgestellt, sollten auch die Mütter daraufhin untersucht werden und beide die nötige Therapie erhalten. Dies verbessert die Gesundheit der Kinder und kann z. B. bei den Müttern dazu beitragen, B12-Defiziten bei weiteren Schwangerschaften vorzubeugen.

Quelle
Anna T. Reischl-Hajiabadi et al., Maternal Vitamin B12 Deficiency Detected by Newborn Screening – Evaluation of Causes and Characteristics. In: Nutrients, online 13.9.2022, doi: 10.3390/nu14183767.

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