Selen bei kardiometabolischen Krankheiten

Bevor Herz-Kreislauf-Krankheiten oder ein Typ 2 Diabetes entstehen, kommt es zu kardiometabolischen Krankheiten. Die gesunde Ernährung und gute Versorgung mit Mikronährstoffen kann dazu beitragen, weiteren Entwicklungen vorzubeugen bzw. sie zu hemmen. Dabei ist eine gute Versorgung mit Selen sehr wichtig, da es den Glukose- und Lipid-Stoffwechsel beeinflussen kann.

Als kardiometabolische Krankheiten gelten solche, die Beziehungen zwischen dem Herz-Kreislauf-System und Vorgängen im Stoffwechsel betreffen. Dazu gehören z. B. die Insulinresistenz, der Prädiabetes und das metabolische Syndrom bzw. einzelne Faktoren wie Fettleibigkeit (Adipositas), Störungen im Fettstoffwechsel (Dyslipidämie), erhöhtes Insulin (Hyperinsulinämie) und Thrombosen. Sie steigern das Risiko für die Entstehung von Herz-Kreislauf-Krankheiten und Typ 2 Diabetes. Zur Entstehung kardiometabolischer Krankheiten trägt eine ungesunde Ernährung erheblich bei. Die gesunde Ernährung kann dagegen kardiometabolische Risiken senken. Dazu gehört die gute Versorgung mit wichtigen Mikronährstoffen, das gilt besonders für Selen. Seine Aufnahme aus der Nahrung variiert, abhängig vor allem vom Selengehalt der Böden. Viele Regionen der Welt sind Selen-Mangelgebiete, dazu zählt auch der Norden Deutschlands. Damit erhöht sich die Anfälligkeit für Selen-Defizite durch die Ernährung. 

In der Natur kommt Selen in anorganischen Formen (Selenat, Selenit etc.) und organischen Formen (Selenocystein etc.) vor. Selen wird im Körper in hohem Maß absorbiert und verteilt, dabei ist organisches Selen stabiler und bioverfügbarer. Selen wird in Selenoproteine (Glutathionperoxidase, Superoxiddismutase etc.) eingebaut, die vielfältige Funktionen sowie antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften besitzen. Der oxidative Stress kann zur Entstehung von Insulinresistenz, zu Typ 2 Diabetes, Störungen im Gefäßsystem und kardiometabolischen Erkrankungen beitragen. Gute Selenaufnahmen könnten den oxidativen Stress deutlich senken, die Aktivität von Selenproteinen erhöhen und den Gehalt an entzündlichen Zytokinen (regulatorische Peptide, Proteine) verringern. Selen und Selenoproteine könnten auch zur Prävention und Therapie chronischer Stoffwechsel-Krankheiten beitragen. 

Es gibt Hinweise, dass Selen z. B. den Glukose- und Lipid-Stoffwechsel sowie die Insulinresistenz verbessern kann. Bisher ist jedoch die genaue Rolle von Selen im Glykolipid-Stoffwechsel bei Patienten mit kardiometabolischen Krankheiten nicht geklärt. Eine Gruppe chinesischer Forscher stellte die aktuellen Kenntnisse über die Wirkung von Selen auf kardiometabolische Krankheiten vor. Sie prüften in einer Meta-Analyse die Wirkungen von Selenergänzungen auf die Insulinresistenz sowie auf die Glukose- und Lipidprofile von Patienten.

Die Forscher werteten nach einer umfangreichen Recherche schließlich 27 qualitativ gute Studien für ihre Untersuchung aus, von denen 10 Studien mit 526 Patienten in eine Meta-Analyse einbezogen wurden. Die Auswertungen belegten die günstigen Wirkungen von Selenergänzungen auf die Senkung der Insulinspiegel (im Serum) und die Insulinresistenz (HOMA-IR). Darüber hinaus können Selenergänzungen das HDL, das sogenannte gute Cholesterin, erhöhen. Andere Wirkungen auf die Cholesterinwerte oder auf den Spiegel des Blutzuckers sind künftig näher zu klären. Die Ergebnisse legen nahe, dass Selenergänzungen bei Patienten mit kardiometabolischen Krankheiten zur Senkung der Insulinresistenz beitragen könnten. 

Speziell bei Studien-Teilnehmern mit kardiovaskulären Krankheiten und Diabetes erhöhten Selenergänzungen das HDL-Cholesterin deutlicher. HDL ist für den Cholesterintransport wichtig, es hat entzündungshemmende, antiatherogene und antithrombotische Wirkungen. Das Zusammenspiel dieser Eigenschaften trägt zu den kardioprotektiven Eigenschaften des HDL-Cholesterins bei. Die Forscher weisen darauf hin, dass die ausgewerteten Studien in ihrer Teilnehmerzahl eher klein waren und zum Teil auch heterogen waren. Näher untersucht werden sollten in weiteren Studien auch die optimalen Dosierungen für Selenergänzungen bei kardiometabolischen Krankheiten. Dabei wären z. B. die Ausgangs-Selenwerte zu prüfen, um den Selenbedarf darauf abstimmen zu können und überhöhte Dosierungen zu vermeiden.

Die Forscher ziehen das Fazit: Die Ergebnisse der Untersuchung und der Meta-Analyse zeigten, dass Selen-Ergänzungen dazu beitragen können, die Serum-Insulin- und HOMA-IR-Werte zu senken und das „gute" HDL-Cholesterin zu erhöhen. Das deutet darauf hin, dass Selenergänzungen für die Verringerung der Insulinresistenz bei Patienten mit kardiometabolischen Krankheiten vorteilhaft sein könnten.

Quelle
Jiahui Ouyang et al., Potential Benefits of Selenium Supplementation in Reducing Insulin Resistance in Patients with Cardiometabolic Diseases: A Systematic Review and Meta-Analysis. In: Nutrients, online 21.11.2022, doi: 10.3390/nu14224933.

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