Mikronährstoffe und das Müdigkeits-Syndrom

Eine anhaltende Müdigkeit kann viele Ursachen haben und führt zu vielen Belastungen. Einige Mikronährstoffe könnten bei guter Versorgung dazu beitragen, die damit verbundenen Beschwerden zu verringern oder zu lindern.

Müdigkeit gehört zu den häufigsten Beschwerden im Alltag, die nach einer Ruhephase meist verschwinden. Hält die Müdigkeit jedoch länger an, ohne dass sich die Symptome nach einer Ruhephase erholen, kann dies die Lebensqualität stark beeinträchtigen und sich negativ auf die Arbeitsleistungen, das Familienleben und soziale Beziehungen auswirken. Länger anhaltende Müdigkeits-Symptome, wie der Mangel an Energie, geistige Erschöpfung und geringe Muskelausdauer, sind oft mit Krankheiten verbunden, z. B. mit Fibromyalgie, dem metabolischen Syndrom, Krebs und multipler Sklerose. 

Diese Art der „Fatigue" wird zunehmend als eigenständiges Krankheitsbild angesehen. Bei rund einem Drittel der Betroffenen lässt sich jedoch keine grundlegende Ursache für die Müdigkeits-Beschwerden erkennen. Das gilt auch für das chronische Erschöpfungssyndrom (CFS), dessen spezifische Ursachen bisher nicht bekannt sind. Es geht mit einer lähmenden geistigen und körperlichen Erschöpfung einher, die bei Erwachsenen seit mindestens sechs Monaten besteht und sehr viel länger anhalten kann. Die Art und der Schweregrad einer anhaltenden Müdigkeit lässt sich mit verschiedenen Untersuchungen näher bestimmen (z. B. Fatigue Assessment Scale). Die Therapie ist mit verschiedenen Ansätzen sehr komplex. Dazu gehören die körperliche Bewegung und die kognitive Verhaltenstherapie. 

Eine wichtige Rolle spielt auch die gesunde Ernährung mit den enthaltenen Mikronährstoffen, Vitaminen, Mineralien, Enzymen, Aminosäuren etc. Sie sind an vielen Prozessen im Stoffwechsel beteiligt, unterstützen z. B. die Zellfunktionen und beeinflussen kognitive und psychische Prozesse. Eine effiziente Ergänzung von Mikronährstoffen kann für Menschen, die unter starker Müdigkeit leiden, eine vorteilhafte Behandlungs-Option sein. Geeignete Mikronährstoffe können, abgestimmt auf die individuellen Beschwerden und sonstigen Therapien, zur Linderung der geistigen und körperlichen Müdigkeit beitragen. In mehreren Studien wurden Mikronährstoffe bei Müdigkeit in verschiedenen Bevölkerungsgruppen untersucht, sowohl bei scheinbar normalen körperlichen Zuständen als auch bei Krankheiten, die häufig mit Müdigkeit einhergehen. 

Eine Gruppe von englischen und australischen Forschern stellte die aktuellen Kenntnisse dazu in einem Review vor. Einbezogen waren vor allem die Vitamine C, D und B-Vitamine sowie das Spurenelement Zink, außerdem Coenzym Q10, L-Carnitin (Aminosäuren-Verbindung) und Methionin (Aminosäure) sowie das Coenzym NAD (Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid. In 50 Studien zeigten sich signifikante positive Wirkungen von Mikronährstoffen auf die Müdigkeit. Wir stellen hier einige der Ergebnisse aus der allgemeinen Bevölkerung vor.

Zink ist ein intrazelluläres Signalmolekül, das eine wichtige Rolle bei vielen körperlichen Prozessen hat. Dazu gehören die Zellproliferation (schnelles Zellwachstum), DNA-Reparatur, entzündungshemmende Reaktionen, Regulierung des Immunsystems, der Energiestoffwechsel und die Regulierung von Enzym- und Muskelfunktionen. Zink greift auch in die Vorgänge der Apoptose (programmierter Zelltod entarteter oder schädlicher Zellen) ein. Die Zink-Konzentration nimmt mit dem zunehmenden Alter ab, bei etwa 35 bis 45 % der älteren Menschen liegt der Zinkspiegel unter dem Normbereich. In einer Studie mit 150 älteren Teilnehmern (≥ 60 Jahre) verringerten tägliche Gaben von 30 mg Zink über 70 Tage die Müdigkeit deutlich und erhöhte den Zinkspiegel. 

Weiter verbesserten sich in einer Studie bei Frauen mit dem prämenstruellen Syndrom (PMS) durch die Gabe von erhöhtem Zink über drei Monate signifikant die Müdigkeitswerte und andere Symptome. Mehrere Studien untersuchten das (vitaminähnliche) Coenzym Q10 zur Verbesserung der Müdigkeit bei ansonsten gesunden Personen. In einer Studie wurden die Gaben von 100 oder 150 mg Ubichinol-10 (reduzierte Form) im Vergleich zu einem Placebo geprüft. Die subjektiven Werte des Müdigkeits-Gefühls und der Schläfrigkeit nach kognitiven Aufgaben verbesserten sich signifikant in beiden Coenzym Q10-Gruppen im Vergleich zum Placebo. Teilnehmer mit der höheren Dosierung hatten signifikante Verbesserungen beim oxidativen Stress, der subjektiven Entspannung nach einer Aufgabe, der Schläfrigkeit vor und nach der Aufgabe sowie der Motivation für die Lösung der Aufgabe. 

Allerdings waren Ergebnisse aus mehreren Studien nicht immer einheitlich. Daher sollten weitere Studien mit größeren Teilnehmer-Gruppen etc. durchgeführt werden. Defizite an Vitaminen sind allgemein recht weit verbreitet und in verschiedenen Bevölkerungsgruppen auch mit der Müdigkeit verbunden. In mehreren Studien wurde Vitamin D in Bezug auf die Müdigkeit untersucht. In einer Studie wurde beobachtet, dass die Vorkommen eines Vitamin-D-Mangels bei den Patienten mit Müdigkeit bei 77 % lag. In einigen Studien zeigte sich außerdem, dass Gaben von Vitamin D die Müdigkeit verbessern konnten.

Die Forscher ziehen das Fazit: Es ist insgesamt gut nachgewiesen, dass Ergänzungen von geeigneten Mikronährstoffen bei der Therapie von Müdigkeits-Symptomen bei ansonsten Gesunden ebenso wie Patienten mit (chronischen und akuten) Krankheiten nützlich sein könnten. Mehrere Nährstoffe zeigten bei unterschiedlichen Dosierungen, Arten der Verabreichung (oral, parenteral) und Häufigkeit der Gaben eine gute Wirksamkeit und Sicherheit. Die Beziehungen zwischen Müdigkeits-Syndromen und Mikronährstoffen sollten weiter untersucht werden. Dabei sollten sowohl einzelne Mikronährstoffe als auch ein breiteres Spektrum an Mikronährstoffen eingesetzt werden.

Quelle
Michael Barnish et al., Nutrient Therapy for the Improvement of Fatigue Symptoms. In: Nutrients, online 30.04.2023, doi: 10.3390/nu15092154.

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