Versorgung mit Selen nach Krebserkrankungen

Ein Mangel an Selen kommt bei Krebspatienten häufiger vor. Das gilt nicht nur in den Zeiten der Diagnose und Therapie, sondern auch danach in der Phase der Rehabilitation. Das zeigt eine neue Studie in einem Reha-Zentrum, bei der Gaben von Selen den Zustand der Patienten verbessern konnten.

Selen ist ein essentielles Spurenelement, das eine wichtige Rolle im Immunsystem und bei der antioxidativen Abwehr spielt. Ein Mangel kann das Immunsystem beeinträchtigen und wird mit dem Auftreten einiger Krankheiten (Schilddrüse, Herz-Kreislauf-System) und bestimmter Krebsarten verbunden. Zum Zeitpunkt einer Krebsdiagnose sind bei vielen Patienten Defizite oder gar Mängel an Mikronährstoffen weit verbreitet, dazu gehört auch die mangelnde Versorgung mit Selen und Zink. Das gilt z. B. für die Vorkommen von Krebs im Pankreas und Magen-Darm-Trakt sowie bei Brustkrebs. 

Besonders der Selenmangel kann die Prognose für den Verlauf von Krebskrankheiten beeinflussen. Hinzu kommt, dass sich der Selenstatus im Lauf einer Strahlentherapie weiter verschlechtern kann, wenn zuvor eine Chemotherapie durchgeführt wurde. Vermutlich kann sich dies auch auf die Zeit der Rehabilitation auswirken, doch bisher ist dazu wenig bekannt. Eine Gruppe deutscher Forscher führte nun erstmals in einem Reha-Zentrum eine Beobachtungsstudie durch. Dort wurde routinemäßig die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Patienten vor und direkt nach der Reha-Therapie sowie weitere drei Monate später erfasst. Zu diesen Zeitpunkten wurden bei den Patienten jeweils auch der Selen- und Zinkstatus gemessen. Ein Selenmangel wurde zu Beginn der Rehabilitation häufig festgestellt, im Gegensatz dazu kam ein Zinkmangel seltener vor.

In einer Analyse wurden die Daten von 271 Krebs-Patienten ausgewertet. Bei ihnen wurde in der Rehabilitation ein Selenmangel festgestellt, der in seinem Ausmaß von der Krebsart abhängig war. Bei Patienten mit Pankreaskrebs war er mit 90 % am höchsten, bei Dickdarmkrebs war der Anteil des Selenmangels mit 73 % ebenfalls hoch, dagegen waren Brustkrebs-Patientinnen nur zu 36 % davon betroffen. Die Mängel an Selen wurden in der Rehabilitation drei Wochen lang und weitere drei Monate danach mit hoch dosiertem Natriumselenit (600 mcg) behandelt. Die Forscher hatten auch eine geringere Dosis (300 mcg) geprüft, die jedoch weniger effektiv war. Der erhöhte Selenstatus war bei den Patienten mit einer allgemein verbesserten Lebensqualität in körperlichen und emotionalen Funktionen sowie mit weniger Müdigkeit verbunden. 

Insgesamt verbesserte sich die Lebensqualität im Lauf der Rehabilitation bei allen drei Krebsarten, was als guter Effekt bewertet wurde. Bei den längerfristigen Auswirkungen nahmen Unterschiede zum Teil wieder zu. Die allgemeine Lebensqualität verringerte sich bei den Patienten, die nach der Rehabilitation wieder sinkende Selenwerte aufwiesen und sich damit den Defiziten zu Beginn der Rehabilitation annäherten. Davon waren die Patienten mit Pankreaskrebs stärker betroffen.

Die Forscher ziehen das Fazit: Ein Selenmangel ist bei Krebspatienten, die nach ihrer Therapie in einer Klinik mit der Rehabilitation beginnen, recht weit verbreitet. Erstmals wurden in einer Reha-Klinik die Beziehungen zu Selen näher untersucht. In der Studie traten Selenmängel je nach Lage des Tumors mit einem Anteil von 36 bis zu 90 % auf. Hoch dosierte Selen-Ergänzungen waren sehr wirksam, um diese Mängel zu beheben. Drei Monate nach der Reha-Therapie hatten einige Krebspatienten jedoch wieder einen verringerten Selenstatus, auch etwas geringere Werte für die allgemeine Lebensqualität waren bei ihnen wieder stärker ausgeprägt. Dies deutet darauf hin, dass positive Wirkungen der Rehabilitation länger anhalten könnten, wenn der Selenstatus auch nach der Rehabilitation stabil bleibt. Längerfristige Selen-Ergänzungen könnten notwendig sein, um einen angemessenen Selenstatus bei Krebspatienten aufrechtzuerhalten. Diese Beziehungen sollten künftig weiter erforscht werden.

Quelle
Christina Pfister, Joerg Schoenemann, Selenium in Cancer Rehabilitation — A Retrospective Study from a Specialized Clinic. In: Nutrients, online 1.9.2023, doi: 10.3390/nu15173827.

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